Geschichte

Kirche | Pfarrhaus

Die Geschichte der Kirche
(von Dr. Reinhard Müller)

Die Entstehung unserer Kirche ist in das Dunkel der Geschichte gehüllt. Es ist anzunehmen, dass es mit der Gründung unseres Ortes nicht gleich eine eigene Kirche gegeben hat. Vermutlich gehörten alle umliegenden Orte ursprünglich zur Kühnhaider "Kapelle zum heiligen Kreuz".

Mit Sicherheit gab es aber Ende des 14. Jahrhunderts, also über 100 Jahre nach Gründung von Wittgensdorf, eine Kirche, denn 1404 wird von einem Wittgensdorfer Pfarrer berichtet.

Diese Kirche war jedoch viel kleiner als unsere heutige und hatte anstatt eines Turmes einen Dachreiter. Erst 1728 wurde der heutige Turm mit ca. 37 m Höhe angebaut und die Kirche auf die heutige Größe erweitert. Eine weitere Vergrößerung erfolgte 1843 durch einem "Anbau von 9 Ellen", also ca. 4,50 m. Zwei Jahre später wurde für die durch den Anbau entstandenen Kapellen ein Regulativ geschaffen und "die Besitzer festgestellt". 1846 erhielt der Kirchturm einen Blitzableiter.

In den folgenden Jahrzehnten wird von neuen Kirchenuhren (1729, 1885), von einem neuen Kirchturmkopf (1835), von diversen Reparaturen an den Uhren, am Kirchturmkopf und an der Durchsicht des Turmes und von der schrittweisen Beschieferung des Kirchendaches berichtet.

Neu abgeputzt wurde die Kirche 1882 und 1904 (sandsteinfarben). 1946 wurde der Kirchturm voll eingerüstet und neu gedeckt.

Viele Wittgensdorfer werden sich noch an das Jahr 1983 erinnern. In diesem Jahr wurde das Dach des Kirchturmes mit Kupferblech gedeckt, und eine große Anzahl von Wittgensdorfern bei der Einrüstung des Turmes mitgeholfen. Gleichzeitig erfolgte ein Neuanstrich der gesamten Kirche.

Glocken

Nach dem Anbau des Turmes wurden 1729 die Glocken eingehängt. Es ist anzunehmen, dass es zwei relativ kleine Glocken waren, die vorher im Dachreiter hingen. Die große Glocke trug die Jahreszahl 1450. Die kleine Glocke zersprang 1836 beim Läuten und wurde durch eine etwas größere neue Glocke ersetzt.

Nach langen Bemühungen konnte 1885 ein neues Bronzeglockengeläut mit vier Glocken in Es-Dur, also der Akkord Es, G, B, Es, aufgehängt werden. Da die größte Glocke allein schon weit über eine Tonne wog, musste ein neuer eichener Glockenstuhl errichtet werden. Die Glocken wurden damals zum Läuten getreten, was sehr anstrengend und beschwerlich war. Erst 1912 sind die Glocken umgehängt worden, so dass sie nunmehr mit Seilen gezogen werden konnten, was eine wesentliche Erleichterung bedeutete.

Leider wurden die Glocken ein Opfer des ersten Weltkrieges. Sie mussten 1917 abgeliefert werden und wurden eingeschmolzen. Nur die kleinste Glocke, die Taufglocke, blieb der Gemeinde. Erst 1920 konnte ein neues Dreiglockengeläut aus Eisenhartguss angeschafft werden. Das Läuten dieser Glocken wird seit 1963 von elektrischen Glockenantrieben übernommen.

Nach nunmehr 81 Jahren traten an der Aufhängung der großen und der kleinen Glocke Risse auf. Diese Glocken dürfen nicht mehr geläutet werden, so dass die mittlere Glocke allein das Läuten übernehmen muss. Auf Grund der Schadhaftigkeit der Glockenjoche und der veralteten elektrischen Steuerung wurde entschieden, dass ein neues Bronzegeläut in den Tönen F, A und C angeschaftt und auch der Glockenstuhl umgebaut wird.
Die Gewichte der Glocken betragen 998, 491 bzw. 349 kg. Sie haben einen Durchmesser von 114, 90 bzw. 80 cm.

Im September 2002 hob ein großer Autokran die in Passau von der Firma Perner gegossenen Glocken unter großer Anteilnahme der Wittgensdorfer in den Glockenturm. Am Kirchweihsonntag 2002 konnte dann das neue Geläut eingeweiht werden. Die Glocken tragen die dieselben Inschriften wie die alten Stahlglocken, die jetzt den Kirchvorplatz schmücken.
Große Glocke: "Ehre sei Gott in der Höhe"
Mittlere Glocke: "Christus spricht: Kommt her zu mir alle"
Kleine Glocke: "Rufe mich an in der Not"

Auch die Turmuhr - ein technisches Denkmal - wurde dabei generalüberholt.

Orgel

Eine Orgelreparatur erfolgte 1822 und im Jahr 1845 wurde eine neue Orgel von der Firma Mende aus Leipzig eingebaut.

Eine umfangreiche Orgelreparatur machte sich in den Jahren 1894 bis 1896 erforderlich. Die Orgel bekam neue Bälge, sämtliche Register wurden neu intoniert, da die Orgel einen ganzen Ton zu hoch stand und die Disposition bekam drei neue Register, einige Register wurden erneuert.

Schließlich baute die Firma Jehmlich aus Dresden 1921 unsere jetzige Orgel ein.

Bei einer Orgelrenovierung 1953 wurde leider eine Dispositionsänderung nicht mit vorgenommen, wie der damalige Kantor Helbig beklagte. Schon 1965 machte sich erneut eine Reparatur der Orgel erforderlich. Dabei wurde unter anderem auch die Disposition barockisiert.

Ergänzungen durch unseren Kantor Harry Münsel im Advent 2012:

Unsere Kirchenorgeln in Wittgensdorf

Bereits im 18. Jahrhundert gab es in Wittgensdorf eine Orgel. Wie ein Bericht über die Orgel in Maxen überliefert, hat die Kirchgemeinde Wittgensdorf 1739 die Maxener Orgel erworben. Diese mechanische Orgel hat bis mindestens 1840 ihren Dienst hier getan.

Die nächste Orgel wurde 1845 von der Leipziger Firma Mende erbaut und büßte während des ersten Weltkriegs 1917 ihre gesamten zinnernen Prospektpfeifen ein, die vermutlich im Sommer 1917 beschlagnahmt wurden.

Unsere heutige pneumatische Orgel ist 1921 von den Gebrüdern Jehmlich aus Dresden gebaut worden. Sie hatte damals 30 Register. Herr Kirchenmusik-Direktor Meinel als verpfl. Orgelsachverständiger schreibt in seinem Bericht von 1921, dass die Orgel einen Wert von 235 000 M hatte. Es wird auch erwähnt, dass der Fabrikant Steinbach eine Summe von 200 000 M beschaffte. Die Disposition der damaligen Orgel war romantisch. Sie besaß Register wie Violine 8´, Äoline 8´ oder Violoncello 8´.

1965 wurde unsere Orgel repariert, das Fernwerk stillgelegt und in Zusammenarbeit mit dem Orgelsachverständigen Günter Metz eine Barockisierung der Disposition vorgenommen. Die o.g. Register wurden entfernt und Register wie Glöcklein 1´, Sesquialtera 2 fach und Zimbel 3 fach eingebaut. Das Zungenregister aus dem Hauptwerk wurde verkauft und das Zungenregister aus dem Fernwerk in das Schwellwerk umgesetzt. Der streichendere Klang der Orgel von 1921 wurde durch einen strahlenderen Klang, der der gern gespielten Orgelliteratur um den bedeutendsten deutschen Komponisten und Organisten Johann Sebastian Bach entgegen kam, ersetzt.

Bei einer Orgel sind natürlich immer wieder Nachstimmungen und auch Reparaturen erforderlich. Aber bei einer Orgel mit pneumatischer Traktur und Registratur müssen etwa im Abstand von 30-40 Jahren die Ziegenlederbälgchen, die durch den Orgelwind aufgeblasen werden und die Ventile zu den Pfeifen öffnen und beim Abstellen des Registers oder der Taste wieder zusammenfallen und die Ventile schließen, erneuert werden.

So wurden um das Jahr 2006 bereits erste Kostenvoranschläge von drei Orgelbaufirmen eingeholt. Nach der grundhaften Sanierung unseres Pfarrhauses konnte dann Dank der Unterstützung durch den Wittgensdorfer Heimatverein, besonders durch Herrn Schneider, die Generalreparatur unserer Orgel in Angriff genommen werden. Schon seit etwa dem Jahr 2000 wurden Vermächtnisse und größere Spenden von ehemaligen und gegenwärtigen Gemeindegliedern für die Orgelreparatur gegeben. Der Heimatverein, der durch die Veranstaltung „Große Kunst in kleinem Ort“ über viele Kontakte verfügt, organisierte in Zusammenarbeit mit den Kirchgemeinden Wittgensdorf und Auerswalde ein Orgelkonzert mit Matthias Eisenberg, das nicht nur einen musikalischen, sondern auch einen finanziellen Gewinn erbrachte. So wurden weitere Fördermittel beantragt, die Kostenvoranschläge aktualisiert, Spenden gesammelt, die Voten vom Orgelsachverständigen und vom Kirchenmusikdirektor Siegfried Petri eingeholt, bis am 07.06.2011 mit dem Orgelbaumeister Georg Wünning ein Orgelbauvertrag abgeschlossen werden konnte.

Am 12.9.2011 um 13.00 Uhr begann dann mit einer Bauanlaufberatung die Generalreparatur unserer Orgel. Mit dem Orgelsachverständigen Herrn Böhmig-Weißgerber und dem Orgelbaumeister wurden kleine, aber sehr sinnvolle Dispositionsänderungen abgesprochen. Die Stiftung Orgelklang und das Sächsische Denkmalspflegeamt, die unsere Reparatur mit unterstützen, waren besonders an der Wiederherstellung des Fernwerkes interessiert. Durch die vorgeschriebene Dekontaminierung der Orgel vom giftigen Hylotox und durch den starken Befall durch Holzwürmer stiegen die Kosten bis auf über 108 000 €.

Als Einschub und Ergänzung hier ein Zwischenbericht von W. Schneider (Kultur- und Heimatverein) Anfang 2012.

Am 25. Mai 2012 erfolgte im Beisein des Orgelsachverständigen, des Denkmalpflegeamtes , des Kirchenmusikdirektors, des Kirchenvorstandes und des Kantors und des Heimatvereins die Orgelabnahme. Nun steht der Kirchgemeinde Wittgensdorf wieder eine intakte Orgel zur Verfügung, die am Pfingstsonntag das erste Mal nach achtmonatiger Bauzeit wieder zum Lob Gottes erklang.

Ein Orgelkonzert mit dem Ausnahmeorganisten Matthias Eisenberg am Pfingstmontag lockte ca. 450 Zuhörer in unsere Kirche.

Am 27.11.2012 fand ein weiteres großes Konzert mit Prof. Ludwig Güttler und KMD Friedrich Kircheis in einer vollbesetzten Kirche statt. Sogar im Altarraum wurden Stühle gestellt.

Am 20.11.2012 verfasste der Orgelsachverständige den abschließenden Bericht über die Abnahme der generalüberholten Orgel der Kirche zu Wittgensdorf.

Innenumbauten

Nach der umfangreichen Erweiterung und Neugestaltung unserer Kirche im Jahr 1728 mit dem Anbau des Turmes wurde die Kirche innen geprägt von einem Kanzelaltar, von zwei Emporen, die über beziehungsweise hinter der Kanzel begannen, sich an der Nordseite bis zum Orgelraum hinzogen, die zweite Empore noch bis über den Orgelraum und durch die Kapellen des 1843 errichteten Anbaus.

Die beiden Kronleuchter, die jetzt noch unsere Kirche zieren, stammen aus dem Jahr 1881. Einer war ein Geschenk, der zweite wurde von der gleichen Firma dazu gekauft. Im gleichen Jahr entfernte man den Ziegelboden der Kirche und ersetzte ihn durch Zementplatten. Interessant ist der Hinweis, dass die alte Schönberg'sche Gruft hinter dem Altar, in der sich zwei Kindersärge befanden, ebenfalls mit Zementplatten abgedeckt wurde. Dazu wird später vermerkt: "Schönberg'sche Gruft dürfte vielleicht eine irrtümliche Annahme sein, denn diese Gruft war sicher unter der Herrschaftskapelle. Unter der Sakristei war annehmbar das "Barthel'sche Erbbegräbnis".

Von einer umfangreichen Restaurierung des Kircheninneren wird erst wieder 1885 im Zusammenhang mit der Anschaffung des neuen Geläutes berichtet.

Trotz dieser umfassenden Restaurierung des Kircheninneren wird 3 Jahre später, also 1888, ein schlimmer Zustand geschildert: in der Kirche zeigt sich an vielen Stellen der Schwamm. Man ging gründlich dagegen vor. Alle Dielen und Läger wurden herausgerissen, durch neue ersetzt und die Säulen angeschuht. Die neuen Holzteile wurden mit Schutzmitteln imprägniert.

Ein langgehegter Wunsch der Kirchgemeinde ging 1891 durch den Einbau einer Kirchenheizung in Erfüllung. Die Heizung bestand aus zwei Öfen und vier Systemen, wobei jeder Ofen die Rohre von zwei Systemen beheizte.

Vom Einbau neuer Kirchenfenster wird 1903 berichtet. Das Altarfenster stiftete Fabrikbesitzer Kommerzienrat L. Hermsdorf. Auch weitere Fabrikbesitzer spendeten ansehnliche Beträge. Eine Folge des Fenstereinbaues war, dass die Wände der Kirche neu gestrichen werden mussten.

Bei einer Kirchenvisitation im Jahr 1911 fiel von der zweiten Empore eine Wachskerze ins Kirchenschiff, ohne dort Schaden anzurichten. Dieser kleine Vorfall war jedoch Anlass, sich nunmehr ernsthaft mit einer elektrischen Beleuchtung der Kirche zu befassen. Noch im laufenden Jahr wurde die elektrische Anlage eingebaut. Die Installation der beiden Kronleuchter stiftete ein Gemeindemitglied.

Im Jahr 1921 erfolgte eine umfangreiche Renovierung des Kircheninneren. Die Emporen über und hinter der Kanzel wurden entfernt, die zweite Empore auch über dem Chorraum, um Platz zu machen für den Prospekt der neuen Orgel. Die beiden Emporen wurden vom Orgelraum aus mit einem Aufgang verbunden. Hinter dem Altar wurde eine Wand errichtet und die entstandene Nische mit einem Bogen abgeschlossen. Die sogenannte Jägerkapelle erhielt ein Gestühl und eine hölzerne Wandverkleidung. Die Decke wurde gelbgrau und die Wände graublau gestrichen. Die Emporen und das Gestühl erhielten einen braunen Farbanstrich.

Im Jahr 1934 wurde eine neue Kirchenheizung eingebaut und das Kirchenschiff erhielt das zwar bequeme, aber doch recht unschöne "Kinosesselgestühl".

Eine umfassende, mit wesentlichen Änderungen des Kircheninneren verbundene Renovierung erfolgt 1953. Die zweite Empore wurde gänzlich entfernt, der Chorraum vergrößert und neue Kirchenfenster eingesetzt. Die Decke und alle Wände und Nischen erhielten einen hellen, fast weißen Farbanstrich. Die Kirche bekam dadurch gegenüber dem bisherigen, etwas düsterem Graublau ein helles und freundliches Aussehen.

Für die Kirchenheizung musste 1958 ein neuer Heizkessel eingebaut werden.

Der Kanzelaltar, der die Kirche seit der Erweiterung 1728 prägte, musste 1976 auf baupolizeiliche Anordnung hin entfernt werden, da er vom Schwamm befallen war. Die sogenannte Jägerkapelle wurde später zum Kircheninneren hin verkleidet und diente als Mitarbeiterraum. Die Rittergutskapelle war im nachhinein Ehrenloge für die Kriegsgefallenen und dient heute während des Gottesdienstes als Familienraum.

Da der alte Heizungskessel defekt war und nicht mehr repariert werden konnte, wurde 1995 eine Gasheizung installiert.

Im vergangenen Jahr (2000) wurde der Altarplatz mit dem Einbau des 1991 renovierten Buntglasfensters "Christi Himmelfahrt" in die Nische hinter dem Altar und einer zum Fenster passenden Tür zur Sakristei umgestaltet, und in diesem Jahr steht die gründliche Renovierung kurz vor dem Abschluss.

Aufgezeichnet von Dr. Reinhard Müller im September 2001